Ein ganzes Jahrhundert, erzählt in nur einer Stunde? Dass das geht, erlebte die 11. Jahrgangsstufe am 26. April 2024 bei der Aufführung des Stücks „Papier.Krieg” durch den Theater-Erzähler Jörg Baesecke.
Poetisch, berührend und manchmal sogar komisch – angelegt wie ein fiktives Memory, öffnet das Stück auf ganz überraschende Weise den Blick auf eine vergangene Epoche: Nicht chronologisch, sondern assoziativ werden Erinnerungen widergespiegelt, wird gezeigt, wie Gedächtnis funktioniert.
Der Theater-Erzähler ließ anhand von Alltagsobjekten und Alltagsgeschichten, Redensarten und Dokumenten, Feldpost und Notgeld, kunstvollen Pop-Up-Bühnen, Scherenschnitten und zierlichen Papierfiguren Geschichte persönlich, konkret und lebendig werden.
Geboren im Jahr 1954, erlebt der Erzähler die Elterngeneration als schweigsam, und dennoch sind „die Echos des Krieges” im Alltag immer noch zu hören. Die Versuche, das „alte Zeug” ruhen zu lassen, scheitern, weil sich dieses Zeug von selbst zu Wort meldet:
Warum erlaubt die Mutter dem Sohn das Spiel mit einer Spielzeugpistole nicht?
Was ist eine Stalintorte?
Wie viel ist eine dreijährige Gefangenschaft wert?
Was ist eine Schiebewurst?
Was ist eine Ferntrauung?
Inwiefern verdankt der Erzähler dem 17. Juni 1953 sein Leben?
Herr Baesecke verzichtet in seinem Stück ganz bewusst auf Wertungen, überlässt es den Schülerinnen und Schülern, sich Gedanken zu machen. Sein Stück ist aber ein Versuch, die eigene Geschichte aufzuarbeiten, weil es die Eltern nicht gemacht haben: „Geschichte kann man nicht abwählen.”
Manuela Weber