Auf der „Jugend-schreibt-Seite“ der Frankfurter Allgemeinen Zeitung konnte man in den letzten Wochen mehrere Reportagen von Schülern des P-Seminares „Schreiben wie ein Profi“ lesen.
Sabrina Wolf schreibt über einen Abend auf der Polizeiwache in Bobingen,
Marc Bullach über einen Gerichtstag in München und
Lea Gessler über den Sportmanager der Augsburger Panther:
Jedes Mal ertönt ein Knallen des Pucks
Assistentrainer und Sportmanager Duanne Moeser aus Kanada war früher selbst Eishockey-Profi und unterstützt jetzt die Augsburger Panther.
Hoffnungsvolle Erwartung liegt in der Luft des Curt-Frenzel-Stadions in Augsburg. Das Spiel der Augsburger Panther gegen die Grizzly Adams Wolfsburg beginnt in wenigen Minuten. Die Fans strömen in der Dämmerung ins Stadion, gekleidet in Trikots ihrer Mannschaft sowie Schals und Mützen mit dem Logo des Augsburger EV, wie die Mannschaft offiziell heißt. Insgesamt 3569 Zuschauer freuen sich auf das Spiel. Obwohl die Mannschaft noch nicht zu sehen und das Spielfeld noch leer ist, werden die Panther schon mit lauten Trommelschlägen angefeuert. Fans schreien im Takt „Hey, hey, hey“. Auf den Bildschirmen über der Eisfläche läuft Werbung, und die Lautsprecher beschallen jeden Winkel des Stadions sowohl mit den aktuellen Chart-Hits als auch mit bekannten Rockmusik-Songs. Dann verstummt die Musik, und eine Männerstimme kündigt beide Mannschaften an. Zuerst erscheinen die Eishockey-Spieler aus Wolfsburg auf der Eisfläche, doch die Rufe der Fans halten sich in Grenzen, da sie zahlenmäßig denen der Panther unterlegen sind. Als kurz darauf die Augsburger Spieler einfahren, hat man das Gefühl, das ganze Stadion jubelt. Mit ihnen tritt auch Duanne Moeser, der Sportmanager und Assistenztrainer der Augsburger Panther, ins Blickfeld. Er läuft außen an der Eisfläche vorbei zu seinem Platz auf der Bank der Panther.
Die Spielerbank befindet sich neben dem Eis, ist durch die Bande abgegrenzt und in der Mitte geteilt, sodass sich auf der einen Seite die Heimmannschaft und auf der anderen die Gastmannschaft aufhalten kann. Zwei Türen führen für die Spieler von der Bank direkt auf das Eis. Auf der gegenüberliegenden Seite ist die Strafbank. Auch diese ist zweigeteilt, um die Gegner und die Augsburger Panther zu trennen. In der Mitte sitzen der Zeitnehmer sowie der Stadionsprecher.
Während die Fans in dicke Winterjacken und Schals gekuschelt sind, um der kühlen Luft zu trotzen, hebt Duanne Moeser sich in seinem schwarzen Anzug, dem weißem Hemd und der schwarzen Krawatte deutlich von allen anderen Anwesenden ab. Die Spieler nehmen ihre Plätze ein, diejenigen, die spielen, auf dem Eis, der Rest auf der Bank. In einer Reihe stehen sie nebeneinander und stützen ihre Arme auf der Bande ab, um so das Spiel beobachten zu können und falls sie eingewechselt werden, so schnell wie möglich die Eisfläche betreten zu können. Duanne Moeser steht direkt hinter ihnen, auf der Seite, die dem eigenen Tor am nächstgelegen ist. Dies ist kein Zufall, denn nur von dieser Position aus hat er einen guten Überblick über die Verteidiger, für die er als Assistenztrainer verantwortlich ist.
Das Spiel beginnt. Die Kufen der Schlittschuhe kratzen auf dem Eis, ein kleiner Knall ertönt jedes Mal, wenn ein Spieler den Puck mit dem Schläger passt, und ein lauterer, wenn ein Spieler den Gegner gegen die Bande checkt. In hohem Tempo schlittert der Puck über das Eis, doch Duanne Moesers Blick kann ihm mit Leichtigkeit folgen. Konzentriert beobachtet er das Spiel und wendet sich nur ab, um etwas auf dem kleinen Block zu notieren, den er ununterbrochen in der Hand hält, oder um einem Spieler aufmunternd auf die Schulter zu klopfen. Durch die Entlassung des Cheftrainers Larry Mitchell Anfang Dezember wurde aus dem früheren Assistenzcoach Greg Thomson der neue Coach, und Duanne Moeser bekam, zusätzlich zu seinem Job als Sportmanager, die Aufgaben des Assistenztrainers übertragen. Er entscheidet während des Spiels, wann ein Wechsel stattfindet und welcher Spieler für welche Situation am besten geeignet ist.
Die heutige Arbeit des früheren Profi-Eishockey-Spieler findet jedoch nicht nur während der Spiele und des Trainings statt. Er ist viel unterwegs zwischen dem Stadion und seinem Büro, das sich in dem Gebäude auf der gegenüberliegenden Seite befindet „Gott sei Dank ist das kein typischer Bürojob!“, gibt der Vater von zwei Töchtern zu. Der Kandier, der einen leichten Akzent hat, begann selbst als Junge mit dem Eishockeyspielen. „Jeder Bub in Deutschland spielt Fußball, sobald er laufen kann, und bei uns in Kanada ist es das Gleiche, nur eben mit Eishockey. Seit ich denken kann habe ich immer nur Eishockey im Kopf gehabt und wollte Profi-Spieler werden“, sagt der 51-Jährige. Sein Weg führte ihn erst nach New York, wo er an der Cornwell University studierte und in der unteren Liga Eishockey spielte. Er merkte, dass seine Chancen, in eine höhere Liga zu kommen, in Kanada und den Vereinigten Staaten gering waren. 1987 erfuhr der damals 24-Jährige von einem freien Platz beim ERC Sonthofen, im Landkreis Oberallgäu in Bayern, und sagte zu. Dort verbrachte er zwei Jahre, bis er eine Anfrage von den Augsburger Panthern erhielt und zur Saison 1989/90 wechselte. Die Jahre danach war er außerdem für die Eisbären Berlin, die Kassel Huskies und den Starbulls Rosenheim tätig, bis er dann 1994 endgültig nach Augsburg kam. Er spielte für die Panther als Stürmer bis 2005 und durch sein Tor im letzten Vorrundenspiel gegen die Iserlohn Roosters erreichte der Augsburger EV die Play-Offs.
Nach seiner Profikarriere wurde er der Sportmanager der Panther und 2006 in die Hall of Fame des Eishockeymuseums in Augsburg aufgenommen. Angekommen in Deutschland, nahm er damals Deutschunterricht, da er die Sprache lernen wollte. Der Dialekt im Oberallgäu erschwerte die Sache allerdings. In Augsburg merkte er, dass das Üben doch erfolgreich war, da das „Augschburgerisch“ leichter zu verstehen war. Er versuchte in jeder Situation Deutsch zu sprechen, auch mit seiner Frau, die er zu der Zeit kennenlernte. „Jeder Tag war ein Lerntag“, gibt er mit einem Lächeln zu. Ab und zu mischen sich dennoch ein paar englische Worte in seine Sätze.
Duanne Moesers typischer Arbeitstag als Sportmanager während der Saison beginnt um 8 Uhr morgens im Stadion. Um halb 9 Uhr treffen die Spieler ein. „Ab da bin ich präsent und immer für die Jungs ansprechbar, wenn etwas gebraucht wird“, berichtet er. Sobald das Training beginnt erledigt er die anstehenden Dinge. Das kann sowohl ein Arzttermin als auch ein Termin mit der Schule eines Kindes von einem Spieler aus dem Ausland sein. Erst vor kurzem half er beim Ausfüllen der Unterlagen, als ein Kind vom Kindergarten in die Grundschule wechselte. Außerdem regelt er vor Auswärtsspielen die letzten Details mit den Hotels, kümmert sich um die Ausrüstung sowie das Essen und leitet die wöchentlichen Trainingspläne und die Nahrungsliste an die National Anti-Doping Agentur (NADA) weiter, damit diese weiß, wann sich ein Spieler wo befindet, egal ob beim Training, im Hotel oder bei einer Autogrammstunde und Stichproben machen kann. Daneben versucht er neue Sponsoren zu finden und die bereits Bestehenden zu pflegen.
Als in der zwölften Spielminute Louie Caporusso ein Tor für den Augsburger EV schießt, feiert das ganze Stadion und durch die Lautsprecher hallt der neue Spielstand, während Duanne Moeser konzentriert aber hastig etwas auf seinen Block schreibt. Das Gleiche geschieht bei dem zweiten Tor der Panther in der 18. Spielminute durch Spencer Machaceck, das zum 2:1 führt. Er notiert sich unter anderem die Einsätze der Spieler, wer die Vorlage für das Tor gegeben hat und wer sich Plus- oder Fehlerpunkte hat zukommen lassen. Als das erste Drittel endet, verschwindet auch der Sportmanager zur Beratung mit der Mannschaft in der Kabine. Die Eisfläche ist bis auf die Eisbearbeitungsmaschine, die ihre Runden dreht und das Eis nach dem Befahren glättet, leer. Als die Tore erneut aufgebaut werden, wird laut Musik gespielt und die Zuschauer schmettern den Song „Take me home, country roads“ von John Denver mit, während die Grizzly Adams einfahren, gefolgt von den Panthern. Auch Duanne Moeser nimmt seinen Platz auf der Bank ein und das zweite Drittel beginnt.
Wenn die Saison vorüber ist, liegt noch mehr Arbeit an. Saisonanfang und -ende sind eine besonders stressige Zeit. Er muss sich dann nicht nur um die letzten Arzttermine, medizinische und sportliche Tests und die letzten Besprechungen zwischen Trainer und Spieler kümmern, sondern auch darum, dass alle Wohnungen und Autos der Spieler aus dem Ausland geputzt zurückgelassen werden und alle Flüge richtig gebucht wurden, denn jeder möchte so schnell wie möglich nach Hause kommen. „Alles muss auf einmal passieren, und das für 25 bis 26 Jungs!“, erklärt Duanne Moeser.
Bei Saisonanfang muss er dann die Abholung vom Flughafen organisieren, die Übergabe der Schlüssel zu den Wohnungen und die Bereitstellung der Ausrüstungen. Moeser weiß noch genau, was man benötigt, wenn man aus dem Ausland ankommt, und versucht diese Sachen zu erledigen, damit „seine Jungs“ sich dann nur auf das Eishockey spielen konzentrieren können. Auch neue Spieler, die einen Vertrag mit den Augsburger Panthern unterschreiben wollen, landen bei ihm in seinem Büro. Ob nun der Job als Sportmanager oder Spieler besser ist, weiß Duanne Moeser nicht zu sagen: „Profisportler zu sein ist schon toll, aber leider ist Eishockey kein Sport, den man bis 70 spielen kann. Ich kann nicht schimpfen, ich habe sehr, sehr lange gespielt als Profi“, sagt Duanne Moeser. „Es war eine schöne Zeit und ich bin einfach froh, dass ich diese Stelle bekommen habe. Ich bin immer noch nah dran.“
In den letzten Minuten des Spiels halten alle den Atem an, als die Panther in Überzahl versuchen, den Rückstand von 2:3 noch zu ändern. Ein paar Sekunden vor Schluss pfeifen die Schiedsrichter noch einmal, und die Zeit wird angehalten. Als es weitergeht, vergehen die Minuten viel zu schnell, während die Fans darauf hoffen, dass ihre Panther noch ein Tor schießen. Das Spiel endet und die Grizzly Adams Wolfsburg gewinnen mit 3:2. Als die Mannschaften sich die Hände schütteln, befindet sich Duanne Moeser schon auf dem Weg in die Kabine. Auch die Fans verlassen nach und nach das Stadion, manche mit enttäuschtem Gesicht, und machen sich in der Dunkelheit auf ihren Heimweg.
Lea Geßler