Neusässer Gymnasiasten haben Augsburgs Oberbürgermeister über seine Schulzeit gelöchert. Sie erhielten überraschende Antworten – zum Beispiel, wie viele Verweise er kassiert hat.
“Nein, die Politik und vor allem der öffentliche Dienst sind nie mein berufliches Wunschziel gewesen.“ So lautete eines der „Geständnisse“, die Kurt Gribl
im Justus-von-Liebig-Gymnasium in Neusäß abgelegt hat. Es sollte nicht das Einzige bleiben. Denn der Augsburger Oberbürgermeister ist Ex-Schüler des ältesten Gymnasiums im Landkreis, das mit dieser Fragestunde der besonderen Art seine Feiern zum 50. Jubiläum eröffnet hat.
Die Gymnasiasten hatten sich Fragen überlegt und auf Karteikarten notiert. Zum Beispiel, wie oft Gribl nachsitzen musste, oder ob auch er Spickzettel geschrieben hat. Schmunzelnd hört sich der 50-Jährige die teils schonungslosen Fragen nach seiner Schulzeit an – und offenbart in seinen Antworten einen kleinen Lausbuben: Sogar zwei Verweise hat Gribl kassiert. Einmal hat er in der Pause den Hof verlassen, um sich Essen zu kaufen, das andere mal ist er verbotenerweise an einem offenen Fenster gestanden. Ja, auch er habe nachsitzen müssen. Und Spicken sei natürlich auch bei ihm vorgekommen. Aber erwischt worden sei er nicht. Die erste 6 hat er trotzdem rasch bekommen: „Ich habe nämlich mit Latein als erster Fremdsprache begonnen.“
Das war Kurt Gribls Wunschberuf
Als es aber aufs Abitur zuging, gab der Jugendliche aus Kriegshaber sein Bestes: „Ich wollte unbedingt den nötigen Abischnitt erreichen, um Tiermedizin studieren zu können. Das war mein absoluter Wunschberuf.“ Mit einem Schnitt von 1,6 hat es dafür aber nicht gereicht. Über das Losverfahren hat er stattdessen einen Platz fürs Jurastudium bekommen. Er hat zwar noch versucht, einen Studienplatz für Tiermedizin einzuklagen – vergeblich. „Irgendwie bin ich dann, eher zufällig also, bei der Juristerei hängengeblieben.“
Gribl nahm in seiner Schulzeit zwar immer wieder gerne ein Amt als Klassen- oder Kollegstufensprecher an, in die Politik verschlug es ihn nach seinem Studium aber trotzdem nicht. „Das Amt des Oberbürgermeisters war keine geplante Entscheidung.“ Nicht einmal zum Staat habe er als fertiger Jurist gewollt, obwohl seine Noten dafür gereicht hätten. Er fürchtete, fremdbestimmt arbeiten zu müssen und keine eigene Entscheidungsfreiheit zu haben.
Deshalb entschied er sich, als Rechtsanwalt in eine Augsburger Kanzlei zu gehen. Weil er das Bau- und Immobilienrecht zu seinem Spezialgebiet machte, kam er bald mit Politik und Öffentlichkeit in Berührung. „Bei umstrittenen Bauprojekten musste ich oft Überzeugungsarbeit leisten, und zwar sowohl im Stadtrat als auch bei den Bürgern vor Ort.“
Der Weg zum Oberbürgermeister
Als schließlich die Augsburger CSU 2006 einen Kandidaten für das höchste Amt der Stadt suchte, sagte Kurt Gribl zu. Bereut hat er die Entscheidung nicht: „Es ist eine schöne Erfahrung, die sehr abwechslungsreich und auch anstrengend ist.“ Bei der Frage nach den schönsten Erinnerungen im Amt nennt er den Aufstieg des FCA und die Begegnungen mit einer heute 104-jährigen Seniorin. „Unsere Affäre begann mit 102“, erzählt Gribl lachend. Stolz ist der OB auf die Zusage von Ministerpräsident Seehofer für die Universitätsklinik in Augsburg. Für das Projekt ist ein kompletter Umbau des Klinikums und eine neue Fakultät an der Uni Augsburg nötig – mit den geschätzten Kosten von 1.6 Milliarden Euro das derzeit größte Wissenschaftsprojekt in Deutschland.
Sein Wunsch übrigens, Tierarzt zu werden, hatte naheliegende Gründe. Gribl ist auf einem landwirtschaftlichen Betrieb groß geworden. „Deshalb bin ich als Schüler auch freiwillig in die Tagesheimklasse gegangen. Zuhause wurde ich oft eingespannt, denn Arbeit gab es eigentlich immer. Da war die Schule ein toller Schutzraum…“
(Foto Axel Hechelmann, Text Daniela Haas; Augsburger Allgemeine Zeitung, http://www.augsburger-allgemeine.de/augsburg/Die-erste-6-bekam-Oberbuergermeister-Kurt-Gribl-damals-in-Latein-id34432607.html)