Gymnasiasten schaffen Freizeitangebot für junge Flüchtlinge. Und bereiten sich so gleichzeitig aufs Abitur vor
Einfach mal Raum und Zeit geben, um Spiele zu spielen, zu basteln oder Filme ansehen. Das ist das Ziel einer Projektseminargruppe der elften Klasse am Neusässer Justus-von-Liebig-Gymnasium. Ihre Gesamtaufgabe hat den Titel „Flüchtlinge willkommen“. Mit dem Thema haben sie sich in den vergangenen Monaten intensiv auseinandergesetzt. Dazu fanden bereits Vorträge zu Flucht und Vertreibung statt.
Die Schüler hatten zuerst Ideen gesammelt, diese dann auf Machbarkeit geprüft und ausgewertet. Sie entschieden sich für zwei konkrete Projekte, die realisiert und bis zum Schuljahresende von den Oberstufenschülern betreut werden. Montags findet ein Filmeabend für junge Erwachsene statt und freitags folgt ein Spielenachmittag für Kinder aus den Neusässer Flüchtlingsunterkünften. Dazu trifft man sich im „Salam“, ein Ort der Begegnung in Neusäß, der von ehrenamtlichen Unterstützern organisiert und betreut wird.
Verdeckt liegen die Memorykärtchen auf dem Tisch und rundherum sitzen die Kinder und Jugendlichen. Das Gesellschaftsspiel eignet sich wunderbar, sich näher kennenzulernen. Ganz nebenbei wird auch erklärt, was auf den aufgedeckten Spielkarten zu sehen ist. Auf die Frage „Wer kennt dieses Tier?“ schossen auch gleich die Finger hoch und die richtige Antwort kam, „ein Lama“. Jetzt musste nur noch das passende Zwillingskärtchen gefunden werden und deshalb war höchste Aufmerksamkeit bei den Kindern angesagt. Eine zweite Gruppe hatte sich für das Kartenspiel UNO entschieden und auch hier waren die Kinder begeistert dabei. Entspannte Atmosphäre, gute Laune, heißer Tee und Kekse trugen zum gelungenen Spielenachmittag bei.
Vorerst bis zum Schuljahresende läuft das Projekt, erklärte Florian Maiß. Er, Danielle Alhaier, Clara Tiffert, Emily Schaefer, Luise Seidl, Ahmed Hussein und Marc Reiner sind die kreativen Köpfe hinter diesem Freizeitangebot. Gemeinsam werde man auch basteln, kochen und bei wärmerem Wetter auch Veranstaltungen im Freien durchführen, erklären sie. Zum Thema „Flucht“ hätten sie bereits Vorträge gehört, so erläuterte eine Dozentin des Kreisjugendrings die Dramatik und den Schrecken einer Flucht allgemein. Die existenzielle Bedrohung durch den Krieg, den Überlebenskampf und die dramatische Flucht erfuhren sie aus erster Hand, denn sie hatten die Chance die reale Geschichte eines Betroffenen zu hören und zu erfragen. So erfuhren sie auch, dass ganz besonders Kinder unter diesen traumatischen Erfahrungen leiden. Und genau hier setzt das Projekt an. Einen ganzen Nachmittag Spiele zu spielen, Spaß zu haben und einfach mal unbeschwert sein zu dürfen, das hilft diesen Kindern, ihre seelischen Erschütterungen besser zu verarbeiten.
„Es war der ausdrückliche Wunsch meiner Schüler ganz praktische Start- und Eingliederungshilfe zu leisten“, berichtet Seminarlehrerin Rebekka Kilamile. Besonders das beherzte Engagement der Gruppe gefalle ihr, außerdem, dass die Jugendlichen mit persönlichem Einsatz helfen möchten. Zudem ist solch ein Projektseminar eine Notwendigkeit, um zum bayerischen Abitur zugelassen zu werden. Ein Jahr lang arbeiten dabei die Oberstufenschüler an einem Projekt mit außerschulischen Partnern. Mit diesem „Blick über den Tellerrand“ sollen die zukünftigen Abiturienten in ihrer Studien- und Berufswahl unterstützt werden. (jah)