JvL-Jugendliche „Abgeordnete“ fordern Wahlrecht ab 16

Jeden Abend sitzen viele Millionen Menschen vor Fernsehern und Radios verfolgen die neuesten Nachrichten aus Politik und Gesellschaft. Trotzdem mangelt es heutzutage vielen Jugendlichen an Interesse und Verständnis für politische Zusammenhänge. Viele Schulen wie auch das Justus von Liebig Gymnasium (JVL) im bayrisch-schwäbischen Neusäß versuchen, das zu ändern, damit sich wieder mehr junge Menschen aktiv an der Gestaltung der Zukunft unseres Landes beteiligen und sich somit den stärker werdenden extremistischen Tendenzen in unserer Gesellschaft entgegenstellen.

Am 15.12.2017 veranstalteten die 10. Klassen des JVL ein Planspiel, in dem eine Sitzung des bayrischen Landtages simuliert wurde. In Anwesenheit von den Landtagsabgeordneten Johann Häußler (Freie Wähler) und Christine Kamm (Grüne) diskutierten die jungen „Abgeordneten“ diverse Vorschläge zur Änderung der bayrischen Verfassung mit dem Ziel, ein aktives Wahlrecht ab dem 16. Lebensjahr für Kommunal und Landtagswahlen einzuführen. Die Sprecher der Fraktionen begründeten ausführlich die unterschiedlichen Vorstellungen ihrer Parteien. Zwar waren sich alle einig hinsichtlich der Reduzierung des Mindestalters; aber das Spektrum der Ideen war weit gefächert. Während eine Partei bereits Jugendlichen ab 14 im Rahmen eines Familienwahlrechtes die Beteiligung am demokratischen Prozess einräumen wollte, schlug eine eher konservative Gruppe als Kompromiss ein Wahlrecht erst ab 17,5 Jahren vor, da sie jüngere Wähler für zu leicht verführbar hielt.

Die Vertreterin der „echten“ Grünen Christine brachte es dann auf den Punkt: „Es ist vor allem wichtig, dass die jungen Personen mit eingebunden und ernstgenommen werden, denn sie sind unsere Zukunft.“ und dass auch sie schon vieles in politischen Jugendorganisationen erreichen können“.  Sie hofft, dass neuer Nachwuchs über die Jugendorganisationen der demokratischen Parteien in die Politik einsteigen und somit ermutigt werden, für politische Aufgaben zu kandidieren und sich in die Vertretungen und Parlamente wählen zu lassen.

Nachdem das Für und Wider hinlänglich dargelegt worden war, gab es am Ende bei der Abstimmung im „Plenum“ doch eine deutliche Mehrheit für die uneingeschränkte Herabsetzung des Mindestalters für die Ausübung des aktiven Wahlrechts in Bayern. Einige besonders engagierte „Parlamentarier“ nutzten die Debatte, um auch andere Themen einfließen zu lassen wie z.B. die Legalisierung von leichten Drogen.

 

Im Anschluss stellten sich dann die Grünen-Politikerin Frau Kamm und Herr Häusler von den „Freien Wählern“ den Fragen der Schüler. Es ging zunächst um den US Präsidenten Trump, der ja trotz seiner skurrilen Ansichten von ca. 50% der Amerikaner gewählt worden war. Herr Häußler meinte, es läge an der großen Unzufriedenheit in den USA wegen der schlechten Wirtschaftlichen Bedingungen und hohen Arbeitslosigkeit.  Er zog auch Zudem Parallelen zum Erstarken der AFD in Deutschland und ähnliche Entwicklungen in vielen Ländern Europas. Selbstverständlich wurde auch die Situation nach der Bundestagswahl thematisiert. Die gescheiterten schwarz-gelb-grünen Jamaika-Verhandlungen (Union, FDP, Grüne) erfordern die alternativen Formen einer Regierungsbildung. Neben GroKo und Minderheitenregierung wurde die Möglich von Neuwahlen angesprochen, die aber von den Politikern abgelehnt wird, da es eventuell zum gleichen Ergebnis kommen könnte, wie Frau Häusler mit Verweis auf die letzten Umfragen darlegte.

Weitere Fragen der Jugendlichen bezogen sich auf den Klimawandel. Frau Kamm erläuterte, welche Maßnahmen in diesem Zusammenhang bereits von den Politikern beschlossen wurden. Dazu gehören Gesetze zur besseren Wärmedämmung von Häusern, Reduzierung der Stromerzeugung durch CO2-ausstoßende Kohlekraftwerke und der verstärkte Einsatz regenerativer Energien wie Wind, Sonne und Wasser. Wichtig sei auch die Umsteuerung beim Autoverkehr zum sinnvolleren Umgang mit den begrenzten fossilen Rohstoffen wie Öl, Gas und Kohle. Auch eine naturnahe Landwirtschaft liegt der Politikerin am Herzen. betrieben werden kann“. Herr Häußler von den „Freien Wählern“ ergänzte interessante Fakten: So seien 80% der Insekten vom Aussterben bedroht oder bereits ausgerottet. In Hinblick auf die entwicklungspolitische Zusammenarbeit mit Afrika wies er darauf hin, dass der Export von Nutztieren und Lebensmitteln in Entwicklungsländern deren Landwirtschaft schädigt.

Zum Schluss gaben die Politiker den Schülern Tipps, wie man Abgeordneter werden kann. Ein Engagement in Vereinen und Organisationen fördere die öffentliche Bekanntheit und sei neben einem fundierten Verständnis für politische Strukturen und Prozesse eine wichtige Voraussetzung. Auch wenn nicht alle, die an dem Planspiel teilnahmen, jetzt eine politische Karriere anstreben, so wurden die Schüler doch sicherlich in der Erkenntnis bestärkt, dass jeder zumindest durch Ausübung des Wahlrechts an der Gestaltung unserer Gesellschaft mitwirken sollte und Politik kein Selbstzweck ist, sondern den Menschen dienen soll.

Chiara Bock